Bericht 2015

Bericht 2015

Traurige Zahl von Kindesmissbrauch – Opfer unter 6 Jahre – stieg im Vergleich zu 2013 um 35 % an.

Zwar ist eine steigende Aufklärungsquote von 79,45 Prozent (2014: 76,87 Prozent) und steigende Fallzahlen – so präsentierte sich im vergangenen Jahr das Deliktsfeld der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. 652 Sexualstraftaten registrierte die Polizeidirektion Hannover 2015 – 77 (13,29 Prozent) mehr als im Vorjahr. Maßgeblich ist diese Entwicklung auf die Fallzahlenanstiege beim sexuellen Missbrauch von Kindern und bei der Verbreitung von Kinderpornografie zurückzuführen. 2015 wurden 147 Vergewaltigungen (plus sieben Fälle) an die Staatsanwaltschaft abgegeben, 154 Fälle von Kindesmissbrauch (plus 50) und 137 Fälle (plus 22) der Verbreitung pornografischer Erzeugnisse. Von diesen 137 Taten liegen 53 im Deliktsfeld der Kinderpornografie, auf dem nach wie vor ein Hauptaugenmerk der Polizei liegt.

Jeden Tag erfahren 40 Kinder sexuelle Gewalt. Holger Münch (Präsident des Bundeskriminalamt) berichtet: Im Jahr 2015 wurden 108 Kinder getötet.

4233 Kinder waren insgesamt betroffen, und 44 % von ihnen waren unter 7 Jahre alt.

Straftaten wegen Besitz und Verbreitung von kinderpornografischem Materials gingen 2015 nur um knapp 1,5 % zurück, das macht uns sehr betroffen.

Missbrauch in Organisationen

Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Organisationen ist in den letzten Jahren zunehmend diskutiert und thematisiert worden. Obwohl nach den Resultaten von Dunkelfeldstudien die meisten der sexuellen Gewalthandlungen gegen Kinder im familiären Umfeld und Bekanntenkreis begangen werden, wird ein Teil der Taten auch im Rahmen medizinischtherapeutischer Abhängigkeitsverhältnisse verübt oder durch Personen, die haupt- oder ehrenamtlich Kinder und Jugendliche betreuen. Praxisfälle belegen, dass pädosexuelle Täter und Täterinnen zielgerichtet versuchen, sich über die haupt- und/oder ehrenamtliche Arbeit in pädagogischen, medizinischen, therapeutischen seelsorgerischen Bereich Zugang zu Kindern zu verschaffen. Hier sind alle einschlägigen Einrichtungen gefordert, die für das Wohl der Kinder Verantwortung tragen. Das Problembewusstsein hinsichtlich sexueller Gewalt in Institutionen durch haupt- und/oder nebenamtliches Personal ist in den letzten Jahren gewachsen. Im Einzelfall bemühen sich die Einrichtungen zunehmend um eine offensive Aufdeckung derartiger Fälle in der eigenen Institution. Um dem Problem des Missbrauchs in Organisationen beizukommen, kommt es unabgängig von den strafrechtlichen, arbeitsrechtlichen, berufs- und standesrechtlichen sowie jugendhilferechtlichen Interventionsmöglichkeiten aber auch darauf an, präventiv entsprechende Strukturen und Bedingungen in den Einrichtungen selbst zu schaffen, die die Gefahr von Übergriffen möglichst ausschließen und bei Verstößen entsprechende verbandliche Reaktionen vorsehen. Die Problematik der sexuellen Ausbeutung von Kindern spielt nach UN-Berichten („The Impact of Armed Conflicts on Children“) in letzter Zeit zunehmend auch eine Rolle beim Einsatz internationaler UN-Missionen in Krisengebieten, wonach die Nachfrage nach Kindern zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung deutlich anstieg.

Gesetzgebung

Strafrechtlicher Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch (einschließlich Strafverfahrensrecht) Der strafrechtliche Schutz von Kindern, Jugendlichen und widerstandsunfähigen Personen muss im Rahmen einer weiteren Überarbeitung des Besonderen Teils des Strafrechts fortentwickelt werden, nicht zuletzt um den besonderen Schuld- und Unrechtsgehalt des sexuellen Missbrauchs stärker zu betonen Dies betrifft u.a. die Einführung eines Strafrahmens nicht unter einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren für besonders schwere Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern, außerdem die wirksamere strafrechtliche Erfassung der Anbahnung von Kontakten – vor allem im Bereich der Internet-Kommunikation -, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Ziel haben. Auch soll sich in bestimmten Fällen zukünftig strafbar machen, wer von geplanten Straftaten im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern weiß und sie nicht anzeigt sowie derjenige, der diese Straftaten belohnt oder öffentlich billigt. Insbesondere die neuen Möglichkeiten, die das Internet bietet, um Straftaten zu begehen, erfordern entsprechende Reaktionen des Strafrechts. Trotz der spektakulären Fahndungserfolge der Ermittlungsbehörden in der jüngsten Vergangenheit, die zur Aufdeckung international organisierter Kinderpornografieringe geführt haben, nimmt die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet zu. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu drei Millionen kinderpornografische Bilder im Internet verfügbar sind. Auch die Nachfrage nach immer brutaleren Gewaltdarstellungen steigt stetig. Damit wächst auch die Gefahr, dass Kinder tatsächlich Opfer sexueller Gewalt werden, weil die Konsumenten dadurch animiert werden könnten, selbst Kinder zu missbrauchen. Die Verbreitung kinderpornografischer Schriften (§ 184 Abs. 3 und 4 StGB) wird häufig über das Internet beziehungsweise unter Ausnutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien vorbereitet oder begangen. Die PKS weist gerade im Bereich des Besitzes/Verschaffens und der Verbreitung von Kinderpornografie deutliche Steigerungsraten aus. So nahmen die registrierten Straftaten im Bereich des Besitzes/Verschaffung von Kinderpornografie nach § 184 Abs. 5 StGB um 72 % zu (2745 erfasste Fälle 2001 gegenüber 1596 Fällen im Jahr 2000). Die Verbreitung von Kinderpornografie (§ 184 Abs. 3 StGB) nahm im Vergleich zum Vorjahr um 60,8 % zu (1619 Fälle 2001 gegenüber 1007 Fällen im Jahr 2000). Diese Zunahme kann allerdings zum Teil auf eine intensivierte Verfolgungsintensität zurückzuführen sein.

Hinzu kommt, dass durch die rasante Entwicklung des Internets neue Kommunikationsformen in den Vordergrund treten, wie z. B. das Internet-Relay-Chat-System (IRC), die sowohl die Möglichkeit bieten, kinderpornografische Bilder auszutauschen, als auch Kinder für sexuelle Handlungen anzubieten. Vor allem muss auch die Weitergabe kinderpornografischer Schriften an und innerhalb geschlossener Benutzergruppen strafrechtlich wirksamer erfasst und entsprechend geahndet werden. Schließlich muss auch der zunehmenden Verbreitung kinderpornografischer Schriften im Internet strafrechtlich wirksamer begegnet werden. Hierzu soll für den Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften das Höchstmaß der Freiheitsstrafe in § 184 Abs. 5 StGB von einem auf zwei Jahre angehoben werden. Um insbesondere Kontaktanbahnungen mit Kindern oder konkrete Absprachen über die Vermittlung von Kindern zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs, die über e-mail oder in Chaträumen geschehen, durch die Strafverfolgungsbehörden konsequent verfolgen zu können und somit Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern bereits vor Vollendung der Tat zu verhindern, hat der Deutsche Bundestag am 13. Juni 2002 das „Sechste Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes“ beschlossen, das u.a. die Anordnung einer Telekommunikationsüberwachung nach § 100 a StPO auch in bestimmten Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 a Absatz 1, 2 und 4 StGB), bei sexuellem Missbrauch von Kindern mit Todesfolge (§ 176 b StGB) und der gewerbs- oder bandenmäßigen Verbreitung von Kinderpornografie (§ 184 Absatz 4 StGB) ermöglicht.

Ziele und Maßnahmen

Um einen umfassenden Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt und insbesondere vor der Verbreitung kinderpornografischen Materials im Internet zu gewährleisten, sind u.a. folgende Änderungen im Bereich des Sexualstrafrechts vorgesehen: · die Verschärfung der in den Strafvorschriften gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern (§§ 176 und 176a StGB) angedrohten Strafen, · die strafrechtliche Erfassung des Einwirkens auf ein Kind durch Schriften in der Absicht, es zu sexuellen Handlungen zu bringen sowie des Versprechens des Nachweises eines Kindes für Taten des sexuellen Missbrauchs, · die Erweiterung der Strafvorschriften über die Nichtanzeige geplanter Straftaten (§ 138 StGB) und über die Belohnung und Billigung von Straftaten (§140 StGB) auf Taten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, 35 · die Anhebung des Strafrahmens für die Weitergabe kinderpornografischer Schriften an einen anderen (§ 184 Abs. 5 Satz1 StGB) · die Erhöhung des Strafrahmens in § 184 Absatz 5 StGB, · die Einbeziehung von Mündeln und Pfleglingen in den Schutzbereich des § 236 Abs. 1 StGB (Kinderhandel) und Erhöhung der Schutzaltersgrenze von vierzehn auf achtzehn Jahre in § 236 Abs. 1 Satz 1 StGB. Im Bereich des Strafverfahrensrechts: · die bessere Nutzung der DNA-Analyse, indem in den Katalog der Anlasstaten für die Maß- nahme alle Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aufgenommen werden. · Im Lichte der derzeit im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz laufenden Studie des Max-Planck-Instituts für Ausländisches und Internationales Strafrecht zur „Rechtswirksamkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach den §§ 100a, 100b StPO und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen“ wird die Bundesregierung prüfen, ob der Anwendungsbereich der Telekommunikationsüberwachung auch auf Fälle des einfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern und des schweren Kindesmissbrauchs im minderschweren Fall (§ 176 und § 176 a Absatz 3 StGB) und der Verbreitung von Kinderpornografie (§ 183 Absatz 3 StGB) auszudehnen ist.

 Seit 2014 hat Tutor e.V. über 3.500 Kindergärten und Grundschulen Informationsmaterial und Präventionsmappen kostenlos zur Verfügung gestellt. Zudem werden Präventionsarbeiten an sozialenschwächere Schulen finanziell unterstützt, mit dem Theaterstück „Mein Körper gehört mir“. Wir unterstützen mehrmals jährlich die Opferhilfe „Wildwasser e.V.“ Berlin mit einer Geldzuwendung. Auf der kostenlosen Hotline kommen einige Hundert Anrufe, wo wir in einem Ersten Kontakt in aller Ruhe erkennen und weiter helfen, das betroffene Kinder aber auch besorgte Eltern, an die richtigen Stellen weiter vermittelt werden. Wir bedanken uns, bei den vielen Menschen, die uns bei dieser wichtigen Mission begleiten.

Der Vorstand